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Digitalisierung: „Big Bang“ am Apothekenmarkt?

E-Rezept, elektronische Patientenakte, KIM: Kommt es durch die fortschreitende Digitalisierung am Apothekenmarkt zum „Big Bang“? Welche Riesenvorteile bieten lokale Apotheke gegenüber Online-Versendern? Worauf sollten lokale Apotheken bei der Wahl ihrer Plattform achten? Antworten auf diese und viele weiteren Fragen hat Dr. Jan-Florian Schlapfner vom Zukunftspakt Apotheke

Wie beurteilen Sie grundsätzlich den Stand der Digitalisierung der stationären Apotheken in Deutschland? Wo liegt für Sie aktuell der größte Handlungs- bzw. Nachholbedarf und in welcher Form unterstützt IhreApotheken.de die Apotheken bei der Umsetzung?

Grundsätzlich können Apotheken nur so digital sein, wie es die Rahmenbedingungen des deutschen Gesundheitssystems zulassen. Heißt konkret: Dort wo es möglich ist, sind viele Prozesse bereits digitalisiert. Das gilt bspw. für viele Prozesse innerhalb der Apotheke und zwischen Apotheken und pharmazeutischem Großhandel. Andere Bereiche, etwa die Kommunikation mit Ärzten und anderen Leistungserbringern, befinden sich noch im Papier- und Fax-Zeitalter. Mit dem E-Rezept, der elektronischen Patientenakte und KIM gibt es konkrete smarte Anwendungen, die die Kommunikation verbessern und beschleunigen werden. Auch in Sachen Online-Marketing und in der Kommunikation der Apothekenteams mit ihren Kunden über digitale Kanäle sowie ergänzenden digitalen Versorgungsangeboten gibt es noch Nachholbedarf. Deshalb ist es auch so wichtig, dass stationäre Apotheken die Chancen der Digitalisierung nutzen. Mit Ihreapotheken.de haben wir eine digitale Infrastruktur der lokalen Apotheken in Deutschland geschaffen, die mit der Web- und App-Präsenz nicht nur einen eigenen und bundesweiten Online-Bestellservice zentral bewerben kann, sondern auch anderen Partnern aus dem Gesundheitsmarkt zur Verfügung steht, um gemeinsam durchgehende digitale Kundenreisen zu schaffen. Zum Beispiel die Kundenreise von der Vereinbarung eines Arzttermins über den Erhalt eines E-Rezepts bis zur Lieferung der benötigten Arzneimittel durch die lokale Apotheke, alles in einer App.

Wie werden sich das eRezept, aber auch die zunehmenden telemedizinischen Angebote und die wachsende Zahl an Gesundheits-Apps auf den Arbeitsalltag der Apotheken auswirken? Wie gut sind die Apotheken für diesen Wandel bereits aufgestellt?

E-Rezepte und Patientenakten, die digitale Kommunikation zwischen Ärzten und Apothekern, telemedizinische Angebote und Gesundheits-Apps werden die Kundenreisen von Verbrauchern in vielen Bereichen grundlegend verändern. Auch der Arbeitsalltag der Apothekenteams wird von ganz neuen Anforderungen geprägt sein. Dabei wird es aus meiner Sicht keinen „Big Bang“ geben, sondern eher eine kontinuierliche Entwicklung zu einer Kombination aus einer Versorgung vor Ort als auch über digitale Wege.

Mit dem Zukunftspakt Apotheke bieten wir Apotheken die Möglichkeit, ihren Kunden neue „Tools“ und „Services“ ohne großen Aufwand anbieten zu können. Immer mehr Apotheken machen sich auf den Weg – das ist sehr wichtig.

Die Vor-Ort-Apotheken punkten im Wettbewerb mit den großen Online-Apotheken vor allem mit ihrer Beratungskompetenz und dem Vertrauen, das die (Stamm-)Kundinnen und -kunden zu ihnen haben. Wie lässt sich sicherstellen, dass der individuelle Charakter jeder Apotheke auch in einer „digitalen Filiale“ für die Kundinnen und Kunden erlebbar bleibt?

Trotz aller smarten Helfer und digitaler Möglichkeiten wünschen sich Patientinnen und Patienten auch weiterhin persönliche Nähe. Das Gefühl also, gut aufgehoben zu sein bei einem vertrauensvollen, kompetenten und auch mitfühlendem Gesundheitspartner. Diese Leistung kann nur die Apotheke „um die Ecke“ erbringen.

Denn anders als Online-Versender oder weitere rein digitale Anbieter – denken Sie zum Beispiel an all die neu gegründeten Lieferdienste – können lokale Apotheke vor Ort und online für ihre Kunden da sein. Es ist daher wichtig, dass Kunden, die über digitale Kanäle in die Apotheke vor Ort kommen, diesen Unterschied ganz konkret erleben. Letztlich wird es weniger wichtig werden, ob die Kunden zukünftig vor Ort oder digital in die Apotheke kommen. Wichtig ist, dass der besondere Service in der Apotheke erlebbar ist.

Unser Ziel auf IhreApotheken.de: Apotheken sollen sich möglichst individuell mit ihrer lokalen Marke und vor allem der gesamten Breite ihrer Services darstellen können. Ganz konkret ist dies jetzt schon möglich mit einem Apothekenprofil, auf dem Apotheken ihr eigenes Logo und Bilder hinterlegen können. Zudem bieten wir Apotheken die Möglichkeit, ihre individuellen Services darzustellen. Über Filterfunktionen sind diese für Verbraucher gezielt auffindbar.

Wie können die Vor-Ort-Apotheken die Digitalisierung nutzen, um im Wettbewerb mit den großen Online-Apotheken, aber auch neuen Playern im Apothekenmarkt wie Amazon, bestehen zu können?

Anders als Online-Versender können lokale Apothekenvor Ort und online für Ihre Kunden da sein. Das ist ein Riesenvorteil, den es zu nutzen gilt und über den sich jede Apotheke klar sein sollte.

Gleichzeitig punkten lokale Apotheken mit Geschwindigkeit. In der Regel sind Arzneimittel sofort verfügbar oder werden noch am selben Tag besorgt und oftmals auch nach Hause geliefert. Wie stark dieser logistische Vorteil der Vor-Ort-Apotheken ist, ist schon daran zu erkennen, dass viele neue Anbieter versuchen, diese Geschwindigkeit für sich zu nutzen. Hier dient die Apotheke jedoch mehr oder weniger als Lager vor Ort. Sie wird somit austauschbar und kann sich nicht darauf verlassen, dass ihre Interessen dauerhaft gewahrt bleiben. Das bietet nur IhreApotheken.de und ist damit ein Alleinstellungsmerkmal. Je größer die Bedeutung von digitalen Lösungen für Apotheken in Zukunft wird, desto wichtiger ist es, dass sich Apothekerinnen und Apotheker auf die von ihnen ausgewählte Plattform verlassen können.

Darüber hinaus sind Apotheken oftmals erster Gesundheitspartner vor Ort und bieten eine Fülle von Dienstleistungen. Allein in der Corona-Pandemie haben Apotheken z.B. getestet, Impfnachweise dokumentiert und seit Jahresbeginn auch geimpft. All diese Services können Verbraucher über IhreApotheken.de bereits finden und buchen. Die Entwicklung hat hier erst begonnen, zukünftig wird aus meiner Sicht der Bedarf an lokalen Gesundheitsdienstleistungen, die Vor-Ort- und digitale Kanäle kombinieren, weiter steigen.

Sollten bzw. könnten die Arzneimittelhersteller Ihrer Meinung nach die stationären Apotheken bei der Digitalisierung unterstützen? In welcher Form könnte das geschehen?

Viele Arzneimittelhersteller versuchen die Apotheken vor Ort durch Schulungsangebote zu digitalen Tools zu unterstützen. Das ist ein guter Ansatz, der sich langfristig auszahlen wird. Allerdings geht es für Arzneimittelhersteller natürlich vor allem darum, Kunden, die sich zunehmend auch online informieren und kaufen, zu erreichen.

Immer mehr Hersteller sehen daher eine große Chance in einer gemeinsamen digitalen Infrastruktur der lokalen Apotheken. Wir arbeiten als Zukunftspakt Apotheke bereits heute mit vielen Unternehmen zusammen, die die Vor-Ort-Apotheken als Ganzes mit uns gemeinsam digital stärken möchten.

Ganz konkret sind dies bspw. Digitalkampagnen, die auf IhreApotheken.de verlinken und Verbraucher direkt zur Online-Bestellung in einer der über 7.000 auf IhreApotheken.de vertretenen lokalen Apotheken führen, auf Wunsch mit Lieferung nach Hause.