Raimund Magg ist Azubi zur Fachkraft für Lagerlogistik bei der NOWEDA Rastede und wird in Kürze seinen Abschluss in der Tasche haben. Zahlen, Struktur und Ordnung sind genau sein Ding. Oftmals typische Eigenschaften für Menschen mit Autismus. Was dies für den Berufsalltag bei der NOWEDA bedeutet, schilderten er gemeinsam mit Tatjana Börger, die in Rastede für den Personalbereich zuständig ist.
Über ein paar Umwege ist Raimund Magg bei NOWEDA gelandet. Nach dem Abitur hat er zunächst Elektrotechnik studiert, das war aber „überhaupt nicht sein Ding“. Über berufsvorbereitende Maßnahmen beim Christopherus-Werk in Lingen und dem Arbeitsamt kam der Kontakt zur NOWEDA zustande. Für Tatjana Börger eine ganz neue Erfahrung, einen Azubi mit Autismus einzustellen, aber: „Ich kann nach unseren positiven Erfahrungen mit Herrn Magg jeden nur bestärken, das auszuprobieren und das Hollywood-Klischee über Autisten abzustreifen.“ Raimund Magg kommt jeden Tag gern zur NOWEDA. „Besonders gut gefallen mir der Wareneingang und die –pflege. Hier kann ich in Ruhe sorgfältig und alleine arbeiten, außerdem bewege ich mich viel. Retouren mache ich nicht so gerne, manche Abläufe empfinde ich als unnötig und man sitzt viel monoton vorm Rechner.“ Frau Börger ergänzt: „In vielen anderen Bereichen punktet Raimund dann auf ganzer Linie. Er arbeitet sehr genau, man kann sich 100%ig auf ihn verlassen. Er ist total ehrlich und spricht Dinge immer direkt ohne Umschweife an. Das verändert vieles oft zum Positiven. Noch dazu kommt sein toller Humor. Raimund ist ein sehr wertvoller Mitarbeiter und eine große Bereicherung.“
Die Arbeitskollegen wissen seit Anfang an Bescheid, dass Raimund Magg Autist ist. „Ich habe zu Beginn eine Infoveranstaltung zum Thema Autismus durchgeführt.“ Er ergänzt scherzhaft: „Das interessiert aber keinen, dass ich Autismus habe! Mich hat keiner darauf angesprochen. Aber das ist nicht schlimm, es sind alle sehr nett.“ Und wie fände er das, wenn ihn jemand auf das Thema Autismus anspräche? „Gut! Ich habe damit kein Problem. Ich kann das nur schwierig erklären, weil ich mich selber als normal empfinde.“ Tatjana Börger kann das nur bekräftigen: „Nicht rumeiern und rumdrucksen, sondern konkret ansprechen und nachfragen.“
Aber manchmal knirscht es auch im Getriebe, da kann seine direkte Art auch mal anecken. „Ich habe einmal einer Kollegin einen ziemlich doofen Spruch gedrückt. Da ich aber manchmal nicht so empathisch bin durch meinen Autismus, habe ich in dem Moment nicht verstanden, dass das nicht okay war.“ Die Kollegin hatte Tatjana Börger über diese Konfliktsituation informiert. „Das fand ich total super und richtig. Das war auch kein Petzen, sondern die Kollegin hat das getan, damit wir dafür sensibilisiert sind, dass wir hierüber mit Raimund sprechen müssen“, berichtet sie. „Dann habe ich das auch verstanden und habe mich entschuldigt. Und dann war auch gut“, fasst der NOWEDA-Mitarbeiter zusammen.
Externe Unterstützung erfahren die beiden durch das Christopherus-Werk, das regelmäßig nachfragt, wie es läuft. Und in der Berufsschule? „Außer, dass ich der Klassenbeste bin, merke ich keinen Unterschied zu den Anderen!“, lacht Magg. Nach der Abschlussprüfung noch in diesem Juni möchte er bei NOWEDA den Logistikmeister machen. „Ich finde das super und ich freue mich, dass er bei uns bleibt. Wir wären ja schön blöd, ihn gehen zu lassen“, so Börger. Auf die Frage, ob er noch etwas loswerden möchte, sagt Herr Magg wie aus der Pistole geschossen: „Autisten sind Menschen und keine Rechenmaschine auf zwei Beinen!“
Das Christophorus-Werk Lingen hat einen tollen Film über Azubis mit Autismus veröffentlicht, in dem ab Minute 16:47 auch Raimund Magg portraitiert wird. Reinschauen lohnt sich!