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Zwischenbilanz

Erinnern Sie sich noch? Wahljahr 2021. Der Kanzlerkandidat der CDU, Armin Laschet, hatte einmal zu viel gelacht. Unglücklicherweise im Ahrtal, angesichts der Flutkatastrophe. Die SPD landete bei der Bundestagswahl knapp vor der CDU. Der Kanzlerkandidat der SPD, Olaf Scholz, schmiedete eine Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Und bildete ein Kabinett, das bis heute alles andere als erfolgreich agiert. Zum Gesundheitsminister ernannte Scholz den SPD-Abgeordneten Prof. Dr. Karl Lauterbach.

Die Reaktionen auf diese Entscheidung waren positiv. Denn selten schien dieser wichtige Kabinettsposten kompetenter besetzt. Ein Mediziner, dazu noch Epidemiologe in Zeiten von Corona, das musste doch dem Amt eines Bundesgesundheitsministers neue Impulse geben. Die Bevölkerung war jedenfalls fest davon überzeugt. Sie kannte Lauterbach aus dem Fernsehen. Dort war er wegen seines Wissens und seiner Eloquenz gern gesehener Talkshow-Gast.  

Doch dann stand als erstes großes Projekt eine „Gesundheitsreform“ an. Darunter versteht die Politik das Suchen nach Geldquellen zur Finanzierung des Gesundheitswesens. Nur nicht aus Steuermitteln. Hier hätte Lauterbach mit der üblichen Methode, den Leistungserbringern im Gesundheitswesen – Pharmaherstellern, Krankenhäusern, Ärzten, Apotheken – einen Teil des verdienten Geldes durch ein Gesetz zwangsweise wieder abzunehmen, brechen können. Doch es lief wie immer. Kein Wunder, dass die Arzneimittelhersteller sich abwenden von Deutschland, die Krankenhäuser rote Zahlen schreiben und die Apotheken weiter vor sich hinsterben.

Denn dem Apothekensterben konnte Lauterbach bisher auch keine Ideen entgegensetzen. Seit seinem Amtsantritt hat das jährliche „Aus“ für Apotheken weiter an Fahrt aufgenommen. Nach der Schließung von viertausend Apotheken in den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Geschwindigkeit verdoppelt. Jetzt ist damit zu rechnen, dass bereits in den nächsten fünf Jahren weitere zweitausend akutversorgende Apotheken verschwinden werden. Wenn der Bundesgesundheitsminister diese dramatische Entwicklung nicht stoppt, bedeutet das für viele Menschen – insbesondere auf dem Lande – das Ende ihrer wohnortnahen kompetenten Versorgung mit Arzneimitteln.

Mit einem anderen Sektor des Gesundheitswesens hat sich Lauterbach allerdings intensiv beschäftigt – mit einer Krankenhausreform. Dazu hat er den Bundesländern Pläne vorgelegt. Es geht auch hier ums Geld. Mehr als die Hälfte der Kliniken schreibt rote Zahlen. Die vor zwei Jahrzehnten eingeführte Bezahlung der Klinikleistungen mit Fallpauschalen hat sich nicht bewährt. Das System will Lauterbach ändern. Natürlich nicht mit mehr Geld.Seine Lösung – schließen statt finanzieren. Denn viele der kleineren defizitären Krankenhäuser können diese Reform nicht überleben.Doch das ist gewollt.

Sicherheitsaspekte bleiben bei diesem Kahlschlag außen vor. Genauso wie bei der gefährdeten Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln durch tausende Apothekenschließungen. Selbst eine erhöhte nationale Risikolage und zunehmende Klimakatastrophen in unseren Breiten spielen keine Rolle. Dabei verlangen verheerende Stürme, Brände und dramatische Überflutungen klinische, medizinische und pharmazeutische Präsenz vor Ort. Auch die sich ändernde Gesellschaftsstruktur – mehr alte Menschen, aber auch mehr Kinder – spricht für eine wohnortnahe Krankenhausversorgung. Lauterbachs Krankenhausreform nimmt darauf keine Rücksicht.

Neuester Schildbürgerstreich – die Legalisierung von Anbau und Besitz von Cannabis. Wenn auch in kleineren Mengen. Die will der Arzt und Gesundheitsminister Lauterbach durchpeitschen. Weil es einer kleinen Klientel im Wahlkampf versprochen wurde. Ungeachtet der Warnungen von Ärzteschaft, Polizei, Richtern, Staatsanwälten, Sozialarbeitern und Eltern. Ungeachtet auch der Ergebnisse von Studien der UNO, die zeigen, dass in Ländern mit Drogenliberalisierung die Drogenkriminalität nicht sinkt, jedoch das Suchtverhalten steigt. Damit wachsen auch die Risiken für die Gesundheit der Gesellschaft. Insbesondere der Jüngeren. Deshalb will Lauterbach gleichzeitig in einer großen Informationskampagne vor den Suchtgefahren warnen. Welch ein widersprüchliches Durcheinander! Und keiner der fünf in das Gesetz ebenfalls involvierten Kabinettskollegen, der widerspricht. Hoffentlich tut es die Europäische Union.

„Wer nur vier oder fünf Flaschen Wein im Keller hat, hat relativ wenig. Wer aber vier oder fünf Flaschen im Kabinett hat, hat relativ viel.“ (Willy Brandt (SPD), Bundeskanzler von 1969 bis 1974)