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Gipfelstürmer im NOWEDA-Outfit

Die Corona-Krise hat der Couch-Potato-Bewegung jede Menge neuer Mitglieder beschert. Stay-at-home in Kombination mit geschlossenen Fitness-Studios und Sportstätten waren für das Bewegungsprofil der meisten von uns nicht unbedingt förderlich. Ein bisschen neidisch ist man dann doch, wenn man hört, wie manche Menschen in der Krise eine Chance gesehen haben. Einer von Ihnen ist Alexander Anderer, Betriebsleiter der NOWEDA Böblingen. Mitte Juli lief der 31-jährige den Zugspitz Supertrail. Konkret bedeutet das: 68 km laufen und 2 800 Höhenmeter aufwärts sowie 3 110 Höhenmeter abwärts auf teils hochalpinen Gelände überwinden.

Kurz zu den Fakten: Alexander Anderer schaffte es bei insgesamt rund 900 Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit einer Zeit von 10 Stunden 27 Minuten auf Platz 83. Dafür war im Vorfeld jede Menge Training und am Tag des Rennens beste Vorbereitung erforderlich. 

Doch wie kommt man überhaupt auf die Idee, einen solch extremen Lauf in Angriff zu  nehmen? „Ich habe schon immer ambitioniert Sport getrieben, allerdings war Ausdauersport bis zur Corona-Krise nicht meine Priorität. Als dann mit dem Lockdown die Fitnessstudios schlossen, war mir klar, dass ich eine Alternative brauche, die von der Pandemie nicht direkt beeinflusst wird.“ Die Lösung war pragmatisch: Laufen. Doch normales Joggen – auch auf längeren Strecken – wurde dem NOWEDA-Mitarbeiter schnell zu langweilig, sodass er mit einem Freund die Herausforderung in den Bergen suchte und sich zunehmend für Trail-Running begeisterte. 

Sein erster Extrem-Lauf folgte schon im Sommer 2021 mit dem Großglockner Trail (57 km). Der Zugspitz Supertrail dieses Jahr setzte dann einen neuen Maßstab. Und wie sieht das Training für solche Strecken aus? „Unter der Woche habe ich aus beruflichen Gründen keine Zeit für besonders lange Läufe, da sind dann ab 20.00 Uhr eher Treppenläufe mit Gewichtsweste und kürzeren Strecken dran“, so der Betriebsleiter. „Kurz“ bedeutet für ihn 10 bis 20 km. „An den Wochenenden kommt dann das echte Trail-Training, bei dem ich auch viele Höhenmeter in Österreich und der Schweiz überwinde.“ Die harte Trainingsphase nimmt etwa vier Monate in Anspruch. „Da ist an den Wochenenden nicht mehr viel Platz für anderes, aber Familie und Freunde wissen Bescheid und haben Verständnis.“ Strecken wie diese sind für die teilnehmenden Läuferinnen und Läufer eine extreme körperliche, aber auch mentale Belastung. „Neben einer guten und harten Vorbereitung ist die mentale Stärke ausschlaggebend. Mir hat es sehr geholfen, das große Ziel in kleine Zwischenziele zu unterteilen, im Fall des Zugspitz-Laufs waren das für mich die einzelnen Versorgungsstationen.“ Für alle, die sich dafür interessieren, wie man mental größere Herausforderungen überwindet, hat der NOWEDA-Mitarbeiter einen Buchtipp im Gepäck: „Unser Vorstand Herr Paulweber hatte mir das Buch ‚Tiny Habits‘ von Dr. BJ Fogg empfohlen. Es beschäftigt sich genau mit diesem Thema – also wie man mutmaßlich unüberwindbare Herausforderungen meistert, indem man sich zunächst kleine Gewohnheiten aneignet und im Anschluss das große Ziel in kleine Unterziele aufteilt. Man kann das Buch auf alle Lebenslagen übertragen. Absolut lesenswert.“ 

Von den insgesamt rund 900 Läufern brach etwa die Hälfte den Trail ab. Die meisten knicken aufgrund der Distanz und der Hitze im zweiten Teil der Strecke ein. Alexander Anderer, der 2018 als Trainee bei NOWEDA begann und seit 2020 verantwortlich für den Betrieb in Böblingen ist, hatte seinen Tiefpunkt bei Kilometer 40. „Da habe ich gemerkt, dass ich mir meine beiden Fersen komplett wund gelaufen habe.“ Erschwerend kam hinzu, dass er laut Streckenplan auf die Hilfe durch Sanitäter bei der 8. Verpflegungsstation bei Kilometer 45 gehofft hatte. „Als ich ankam, wurde mir gesagt, die Sanitäter seien schon weg, obwohl ich einer der ersten dort war. Das war ein frustrierender Moment, aber 23 km vor dem Ziel stand die Option Aufgeben nicht zur Debatte. Ich bin dann gegen den Schmerz angelaufen.“ 

Auch eine gute Strategie gehörte zum Erfolgskonzept. „An der zehnten, also der letzten Verpflegungsstation füllten viele Läufer ihre Wasserrucksäcke noch einmal auf. Ich habe auch kurz überlegt, das zu tun, mich aber dann dagegen entschieden, um meine Platzierung zu verbessern“, erzählt der begeisterte Läufer. „So habe ich mit einem Schlag etwa 20 Mitstreiter überholt und konnte dann auch auf der verbleibenden Strecke und im Zielsprint über die letzten zwei Kilometer noch einige Läufer hinter mir lassen, die sich vielleicht am Anfang ein wenig zu viel vorgenommen hatten.“ 

Und wie sieht es mit Zielen für das nächste Jahr aus? „Ich habe mir noch nichts Konkretes vorgenommen, aber evtl. konzentriere ich mich da wieder auf Kurzstrecken, etwa bei einem NOWEDA-Firmenlauf.“ Wie bitte? Von 68 km in den Bergen auf 5 km nahezu ohne Steigungen? Auch das ist für Alexander Anderer eine Herausforderung: „Hier geht es mir dann noch viel mehr um die Bestzeit, da möchte ich ganz vorne mitlaufen.  Das Training ist auch ein ganz anderes. Man konzentriert sich dabei mehr auf Sprintintervalle. Langstrecken- und Kurzstreckentraining gleichzeitig funktioniert nicht. Man muss sich dann schon entscheiden.“