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Vom digitalen Schlachtfeld zur Apothekergenossenschaft

Oliver Heck, unser neuer Kollege in der NOWEDA-Hauptverwaltung, bringt einen spannenden und ungewöhnlichen Lebenslauf mit. Dieser führte ihn rund um den Erdball zu Turnieren, bei denen er vor Tausenden Fans sein Können unter Beweis stellen musste. Der Höhepunkt: die Teilnahme an einer Weltmeisterschaft. Sie ahnen es bereits: Heck war Profi-Sportler. Allerdings in einer Sportart, die in Deutschland offiziell gar nicht als solche anerkannt ist.

Herr Heck, was ist ihr Job bei der NOWEDA und was haben Sie vorher gemacht?

Ich arbeite als Assistent der Leitung Business Unit, strategischer Einkauf im Ressort Industrie. Davor war ich ebenfalls in dieser Position tätig, allerdings bei einem Start-up im Bereich E-Sport. Dabei handelt es sich um eine Not-for-Profit-Förderinstitution für den E-Sport, in der herausragende Talente in ihrer Karriere und darüber hinaus begleitet werden. Das Start-up ist im Grunde das, was die Deutsche Sporthilfe für traditionelle Sportarten ist, aber eben für E-Sport-Spieler. E-Sport ist in Deutschland nämlich nicht als Sportart anerkannt. Daher werden die Spieler auch nicht durch die Sporthilfe gefördert und unterstützt.

Das ist ein sehr spezielles Thema. Wie sind Sie dazu gekommen?

Ich war selbst 16 Jahre lang professioneller E-Sportler im Spiel Counterstrike. Mit meinen Teams bin ich mehrfach deutscher Meister geworden. Im World-Ranking waren wir regelmäßig in den Top 20, sogar den World-Cup haben wir gewonnen. Zu Spitzenzeiten war ich zehn bis elf Wochen am Stück rund um den Globus unterwegs. Daher kann ich gut einschätzen, welche Förderung junge Talente brauchen.

Wie sind Sie professioneller E-Sportler geworden?

Ich habe im Computer-Raum meiner Schule angefangen. Meinen damaligen Mitschülern fehlte ein Mitglied im Team. Schnell hat sich herausgestellt, dass ich ziemlich gut in Counterstrike bin. Bald wurde ich dann von einem anderen Profi entdeckt, der mein Talent erkannt und mich angeworben hat, sodass ich ab 2008 in einem Profi-Team gespielt habe. Ab 2014 war ich Teil des besten Teams Deutschlands. Gemeinsam haben wir an der ersten offiziellen Weltmeisterschaft teilgenommen. Damals, in den Anfangszeiten, gab’s für uns Spieler eine Aufwandentschädigung von 150 Euro plus Preisgeld bei Turnieren. Mittlerweile haben große Sponsoren das Potential des E-Sports entdeckt: Adidas, die Telekom, Redbull, Mercedes Benz, … E-Sport ist zu einer Milliarden-Dollar-Industrie geworden. Wer heute in ein professionelles Team aufgenommen wird, kann mit einem Gehalt von 5.000 bis 50.000 Euro pro Monat rechnen. Dazu kommen dann noch Preisgelder, Werbegelder und so weiter.

Wie muss man sich den Arbeitsalltag eines E-Sportlers vorstellen?

Das ist wie bei anderen Profi-Sportlerinnen und Sportlern auch: Es gibt Trainingstage und Turniertage. In der Regel zwei Trainingstage und drei Turniertage pro Woche. Oft kommt man auch zu Trainingslagern zusammen. Ein Trainingstag besteht klassischer Weise aus Spielanalysen, taktischen Vorbereitungen und dem Festlegen von Trainingszielen. Im Anschluss gibt es dann Nachbesprechungen. Ein anderer wichtiger Teil des Trainings ist, dass der Teamgeist gestärkt und die Kommunikation verbessert werden. Während eines Spiels muss man sich im Team unheimlich viel absprechen und das muss einfach gut funktionieren.
Und dann kommen die Turniere, oft auch mehrere pro Tag. Im Vorfeld eines Turniers wird der Gegner analysiert. Dabei nimmt man sich sowohl das ganze gegnerische Team als auch einzelne Spieler vor. Darauf baut dann die eigene Taktik auf. Und dann muss man sich natürlich auch selbst mental vorbereiten: sich konzentrieren, fokussieren, das Team pushen. Viele Spieler haben auch Rituale, die sie vor einem Spiel durchführen müssen. Und dann sitzt man vor 10.000 Leuten auf einer Bühne und spielt Counterstrike.

Warum haben Sie Ihre aktive Counterstrike-Karriere beendet?

Da geht es uns E-Sportlern nicht anders als anderen Profi-Sportlern: Der Zahn der Zeit nagt an der Karriere. Irgendwann, so ab Ende 20, nahmen meine Reaktionszeit, Konzentrationsfähigkeit und die Hand-Augen-Koordination ab. Extra Trainings halfen den Prozess zu verlangsamen, aber es wurde nicht mehr besser. Als Leistungssportler will man sich immer weiter steigern, aber ab diesem Zeitpunkt sank meine Leistung. Das war einer meiner Hauptgründe mich zu verabschieden.

Als Profi-Sportler wird man nach der aktiven Karriere häufig Trainer. Gibt es das im E-Sport auch?

Das ist eher unüblich, vor allem in Deutschland. Es gibt im E-Sport ja keine offiziellen Zertifikate, Qualifikationen oder Berufsabschlüsse. Ich selbst habe neben dem Sport eine ganz klassische Ausbildung zum Bürokaufmann gemacht, um etwas in der Hand zu haben. In anerkannten klassischen Sportarten gibt es ja schon kaum Chancen nach der aktiven Zeit Karriere zu machen – und da gibt es immerhin Trainerscheine oder ein Sport-Studium. Aber im E-Sport? Meistens wird hier eher eine Lücke im Lebenslauf gesehen. Das ist hier bei der NOWEDA glücklicherweise anders!

Welche Fähigkeiten und Kenntnisse aus Ihrer E-Sport-Zeit helfen Ihnen hier bei der NOWEDA?

Ich bin natürlich in der digitalen Welt zu Hause, sodass ich mich in diesem Bereich sehr leicht tue. Als Sportler bin ich außerdem sehr ehrgeizig und will immer besser werden in dem was ich tue. Und um besser werden zu können, muss ich man natürlich kritikfähig sein. Das habe ich im E-Sport gelernt. Wer vor 10.000 Zuschauern live um hohe Preisgelder spielt, muss sich natürlich sehr gut konzentrieren und fokussieren können – von dem Druck, den man aushalten muss, ganz zu schweigen. Bei meinen Reisen um die ganze Welt habe ich sicherlich auch einiges an Menschenkenntnis mitgenommen, die mir heute sehr hilfreich ist.